Aktuelle Prognose zum Rapserdfloh (KW 35)

Im Vergleich zum Vorjahr erfolgt die Rapsaussaat nach den verregneten Wochen in vielen Regionen Deutschlands später, ganz besonders in den „Rapshochburgen“ im Norden und Osten. In Teilen des Südens verleidet Dauerregen in den letzten Tagen die Aussaat.  

Spätestens sobald der Raps aufläuft (was in diesem Herbst bei guter Bodenfeuchte vielerorts schneller erfolgen wird als im trockenen Vorjahr), unbedingt Gelbschalen auf den Schlägen aufstellen. Nur so lässt sich der Zuflug des Rapserdflohs überprüfen: Schalen mit Wasser und etwas Spülmittel füllen und Gitter auflegen zum Schutz von Hummeln und Bienen. Die Gelbschalen fangen besser, wenn sie etwas eingegraben werden, springt doch der Rapserdfloh eher zufällig dort hinein (die gelbe Farbe zieht diesen Käfer nicht an).

 

Die Zuwanderung des Rapserdflohs ist erfahrungsgemäß von Schlag zu Schlag sehr unterschiedlich. Gefährdet sind vor allem Schläge, die in der Nähe von Altrapsbeständen stehen. Gerade wenn dort erst spät der Ausfallraps bearbeitet wird, können die Erdflöhe im Randbereich an den Keimlingen und jungen Pflanzen stärkere Schäden verursachen. Auch auf Schlagseiten, die an Hecken oder an Wald grenzen, sollten Gelbschalen stehen (Sommerlager der Rapserdflöhe). Bei größeren Schlägen immer mehrere Gelbschalen aufstellen (mindestens 20 m vom Feldrand entfernt).

 

Das Wetter in den vergangenen Tagen und bis einschließlich kommendes Wochenende fördert verbreitet die Zuwanderung des Rapserdflohs in frühe, bereits aufgelaufene Rapsbestände. Im regnerischen und kühleren Südosten Deutschlands verbessern sich nach Wochenmitte die Bedingungen für den Käfer. Ist der Raps aufgelaufen oder läuft jetzt auf, Gelbschalen nun regelmäßig nachgucken. Digitale Gelbschalen können die Überwachung des Zuflugstarts erleichtern.

 

In dieser frühen Phase müssen die jungen, empfindlichen Rapspflanzen regelmäßig (mindestens zweimal pro Woche) und intensiv auf Lochfraß des Erdflohs kontrolliert werden: Erste Symptome wurden z.B. in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Thüringen gefunden. Wenn der Raps zügig aufläuft und wüchsig ist, sieht der Fraßschaden oft schlimmer aus als er ist (man beachte, dass die Löcher mitwachsen). Laufen Bestände schlecht auf oder sind die Pflanzen gestresst und nicht wüchsig (z.B. nach Herbizidanwendung), ziehen sie den Erdfloh geradezu an. Der Fraß kann schnell bestandsgefährdend werden. Auch insektizid-gebeizter Raps ist intensiv zu kontrollieren. Die Buteo Start-Beize kann den sehr kleinen Pflanzen einen gewissen Schutz vor Fraß des Erdflohs bieten. Bei starkem Auftreten des Käfers reicht dieser aber nicht. Bei der Beurteilung, ob die Schwelle von 10% zerstörter Blattfläche erreicht ist, hilft das Bewertungsschema der Pflanzenschutzdienste (Zeichnung von Pflanzen mit unterschiedlich vielen Löchern). Bleibt der Blattfraß unter 10%, kann die Einwanderung des Rapserdflohs zunächst noch abgewartet werden.

 

Den Hauptschaden verursachen üblicherweise die Larven des Rapserdflohs. Sie fressen in den Blattstielen und dringen bis in den Haupttrieb vor. Ob sich ein kritischer Larvenbefall entwickelt, hängt nicht allein von der Anzahl zugewanderter Käfer ab (Gelbschalen). Dauer und Intensität der Eiablage und wie viele Larven im Herbst schlüpfen werden, bestimmen maßgeblich die Herbsttemperaturen. Die Bestände sollten ab Ende Oktober auf Larvensymptome kontrolliert werden. Im Spätherbst kann bei kühleren Temperaturen und längerer Wirkungsdauer gezielt gegen die Larven vorgegangen werden.

 

Was erwartet uns?

 

Pyrethroid-Resistenz und mehrere Jahre mit günstigen Witterungsbedingungen für den Populationsaufbau in Folge haben v.a. im Norden und Osten Deutschlands zu hohen Erdflohdichten geführt. Milde Temperaturen im Spätherbst ermöglichen eine langanhaltende intensive Eiablage. Folgt ein milder Winter, können die Käfer lange leben und die Eiablage bis ins Frühjahr fortsetzen. Selbst Flächen, auf denen im Herbst nur wenige Käfer gefunden wurden, können dann im Frühjahr einen hohen Larvenbefall aufweisen.

 

2022/23 hat die Erdfloh-Population einen Dämpfer bekommen: Der Befall war im Herbst 2022 deutschlandweit gesehen nicht annähernd so stark wie in den beiden Jahren zuvor. In seinem Sommerlager bevorzugt es der Rapserdfloh feucht und schattig. Das Wetter im Spätsommer 2022 mit extremer und langer Trockenheit kann dazu beigetragen haben, dass nicht so viele der zahlreichen während der Ernte beobachteten Jungkäfer überlebt haben. Ein wiederum milder Winter spielte dem Erdfloh jedoch wieder in die Karten. So wurden auch diesen Sommer regional viele Käfer auf den Kornwagen gesichtet. War der diesjährige August mit moderaten Temperaturen förderlich für ihre Überlebensrate im Sommerquartier? Oder hat die Nässe den Käfern womöglich geschadet? Fest steht: Für den jeweiligen Schlag geben nur regelmäßige Kontrollen des kleinen Rapses und der Gelbschalen Aufschluss über den Befallsdruck.

 

Auch in diesem Herbst gibt es die Rapserdfloh-Notfallzulassung für die Insektizide Exirel und Minecto Gold. Beide enthalten den Wirkstoff Cyantraniliprole. In Regionen mit verbreiteter Pyrethroid-Resistenz und nachlassender Wirkung (v.a. Nord- und Ostdeutschland) kann auf diese Wirkstoffgruppe zurückgegriffen werden. Die hochpreisigen Mittel gegen Käfer und Larven sind zu den späten Einsatzterminen (Larvenschlupf) richtig platziert (teilsystemische Wirkung des Wirkstoffs) – insbesondere, wenn z.B. wegen Blattfraßes bereits ein Pyrethroid eingesetzt werden musste.

 

Text: Julia-Sophie von Richthofen & Thomas Volk, proPlant GmbH, Münster